Zum rückwärtsgewandten Antrag der FDP:
Der heute im Hessischen Landtag diskutierte FDP-Antrag ist rückwärtsgewandt und setzt auf überholte Konzepte, die schon in der Vergangenheit in Sackgassen geführt haben und die globale Ernährungssicherheit eher behindert als befördert haben.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine stellt auch die Agrar- und Ernährungswirtschaft weltweit vor unerwartete Herausforderungen. Auf diese Krise mit einer Intensivierung der Landwirtschaft zu reagieren – wie die FDP es in ihrem Antrag zur Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion in Hessen fordert – führt uns nicht aus der Krise, sondern verschärft sie.
Um langfristig unsere Ernten zu sichern, müssen wir die natürlichen Ressourcen schützen und so ihre Leistungsfähigkeit steigern. Erhöhter Dünger- und Pestizideinsatz ist doch Teil des Problems und nicht die Lösung! Die Düngerproduktion verschlingt riesige Mengen an Primärenergie. Rund 1,2 l Heizöl werden für die Produktion von 1 kg N benötigt! Wir haben in Hessen im Schnitt N-Überschüsse von mehr als 60 kg über die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Vorschriften der Dünge-VO jetzt aufzuheben ist Irrsinn und zudem rechtlich unmöglich.
Das konsequente Umsetzen der Farm to Fork-Strategie und einem Umbau hin zu einer resilienten und ökologischen Landwirtschaft ist notwendiger denn je. Hunger hat zumeist strukturelle Gründe, wie Armut, Verteilungsprobleme oder fehlender Zugang zu Land. Diese sind nicht durch eine Intensivierung der Produktion in Europa, z.B. durch die von der FDP geforderte Rücknahme von Flächenstilllegungen oder Bewirtschaftungsauflagen zu lösen. Ziel aller Maßnahmen muss es sein, die Ernährungssouveränität überall auf der Erde zu gewährleisten. Das steht auch in Artikel 25 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Zudem sollte der FDP bewusst sein, dass in Deutschland über 60 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Tierfutterproduktion genutzt werden und 50 % unserer Lebensmittel ungenutzt weggeworfen werden. Hier können und müssen wir ansetzen, wenn wir über ungenutzte Potentiale in der Lebensmittelproduktion sprechen. Diese Fakten sind schon so lange bekannt – jetzt ist es Zeit, endlich zu handeln: Ökolandbau fördern, flächengebundene Tierhaltung, Lebensmittelverschwendung reduzieren, regionale Wertschöpfungsketten stärken.
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