Landwirtschaftlicher Bodenmarkt in Hessen erfordert Reformen

Expert*innenanhörung der GRÜNEN markiert Auftakt für politisches Handeln

Hessische Landwirt*innen kämpfen mit stark steigenden Pacht- und Kaufpreisen, die die Existenz von Familienbetrieben gefährden und Existenzgründungen massiv erschweren. Diese Problematik wollen die hessischen GRÜNEN in dieser Legislaturperiode entschieden angehen. Im Wahlprogramm hatten sie bereits angekündigt, ein Agrarstrukturgesetz auf den Weg zu bringen. Den Auftakt für eine Gesetzesinitiative bildete eine Expert*innenanhörung am 28. November. Dort wurde in hochkarätiger Besetzung diskutiert, was jetzt auf dem hessischen Bodenmarkt zu tun ist, um die vielfältige Agrarstruktur in Hessen zu erhalten und zu stärken.

Bei der Lagebeschreibung schlossen sich die geladenen Referent*innen und Gäste aus Wissenschaft, Behörden, Verbänden, Kirchen und landwirtschaftlicher Praxis dem Vortrag von Andreas Tietz, Projektleiter am Thünen-Institut für Ländliche Räume, an: Im Vergleich der Bundesländer sind die Pacht- und Kaufpreissteigerungen in Hessen etwas weniger dramatisch, trotzdem gibt es Handlungsbedarf, weil auch hier viele landwirtschaftliche Betriebe und Flächen verloren gehen und Existenzgründungen immer schwieriger werden.  Die rund 40 Teilnehmenden formulierten konkrete Ideen, um gegenzusteuern. Marvin Scheld, Agrarausschusssprecher der Hessischen Landjugend, nannte ein Agrarstrukturgesetz als konkrete Forderung seines Verbandes. Jobst Jungehülsing, ehemaliger Referatsleiter für Bodenmarkt im BMEL, bestätigte die Notwendigkeit einer Regulierung und ging auf mögliche Inhalte eines solchen Gesetzes ein, etwa eine stärkere Kontrolle außerlandwirtschaftlicher Investoren und das Verhindern missbräuchlicher Kauf- und Pachtpreise sowie zu starker Flächenkonzentration. Claudia Smolka, Vorstandsvorsitzende der AbL Hessen, brachte eine progressive Grunderwerbssteuer und die Verpachtung öffentlicher Flächen nach Gemeinwohlkriterien als zusätzliche Optionen ins Spiel, um das verfügbare Land fair und nachhaltig zu verteilen. Mathias Dralle, Fachbereichsleiter bei der Hessischen Landgesellschaft, erklärte, dass der von der HLG bevorratete Flächenbestand (1200 ha) deutlich zu gering sei, um alle auftretenden agrarstrukturellen, ökologischen und öffentlichen Zwecke zu erfüllen. Diskutiert wurde aus unterschiedlichen Perspektiven zudem, was die zunehmende Verbreitung von Freiflächen-Photovoltaik für die Landwirtschaft bedeutet, und wie man mit Nutzungskonkurrenzen und Flächenverbrauch umgehen sollte. Auch eine stärkere Unterstützung von Junglandwirt*innen und Existengründer*innen, orientiert etwa am Beispiel Frankreichs, war Thema.

Hans-Jürgen Müller, Sprecher für Landwirtschaft der GRÜNEN Landtagsfraktion, resümierte:

„Die große Resonanz auf unsere Veranstaltung zeigt: Die steigenden Bodenpreise, die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen und letztlich die Zukunft der hessischen Höfe beschäftigen viele Menschen in der Stadt und auf dem Land. Gut ausgebildete junge Landwirt*innen, die keinen Hof erben, fragen sich, ob sie sich den Traum vom eigenen Betrieb überhaupt noch erfüllen können. Diese Sorgen gehen uns alle an. Wenn Landwirt*innen aufgeben und Höfe sterben oder Agrarland von außerlandwirtschaftlichen Investoren aufgekauft wird. hat das weitreichende Auswirkungen auf die ländlichen Räume, ebenso wie die heimische Lebensmittelproduktion.

Der Trend der letzten Jahre ist aber kein Naturgesetz – wir haben heute viele spannende Vorschläge gehört, wie man gegensteuern kann. Vor allem geht es darum, die verfügbare Agrarfläche fair zu verteilen – damit ortsansässige Landwirt*innen und bäuerliche Existenzgründer*innen im Wettbewerb mit überregional operierenden Betrieben und Spekulanten bestehen. Wer besonders gemeinwohlorientiert wirtschaftet, sollte bei der Pacht öffentlicher Flächen bevorzugt werden.

Mit den richtigen Reformen machen wir den landwirtschaftlichen Bodenmarkt fairer und transparenter, sichern eine nachhaltige, regionale Lebensmittelversorgung und sorgen dafür, dass die bäuerliche Landwirtschaft ein fester Teil unserer Gesellschaft bleibt. Das Land Hessen hat bei diesem Thema viele Gestaltungsmöglichkeiten. Wir werden die Vorschläge deshalb genau prüfen, eine konkrete Gesetzesinitiative ausarbeiten und uns dafür einsetzen, die Situation auf dem hessischen Bodenmarkt zu verbessern.“

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