Gestern nahmen gut 110 Menschen an der Podiumsdiskussion teil, die im Witzenhäuser Rathaussaal anlässlich der Bauernproteste stattfand. Neben Uwe Roth dem Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes diskutierten auf dem Podium Anastasia Kühn, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Hans-Jürgen Müller, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Hessischen Landtag. Alle drei kommen aus der praktischen Landwirtschaft. Eingeladen hatten die lokalen Abgeordneten Awet Tesfaiesus und Hans-Jürgen Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Rund 80 Teilnehmende beteiligten sich rege an der Diskussion im Rathaussaal. 33 Gäste verfolgten die Debatten online.
Die Bundestagsabgeordnete Awet Tesfaiesus hob zu Beginn der Diskussion hervor, dass es ihr für politische Entscheidungen außerordentlich wichtig ist, Expertisen aus der Praxis Gehör zu verschaffen: „Nachdem aus den Haushaltseinsparungen die Konsequenzen für Landwirt*innen deutlich wurden, habe ich als erstes Hans-Jürgen Müller angerufen, um seine Perspektive aus der langjährigen landwirtschaftlichen Praxis auf die Kürzungspläne zu hören und an die Fraktion zurückzugeben. Auch heute möchte ich ihre Expertisen von vor Ort mitnehmen!“
Uwe Roth freute sich über viele bekannte Gesichter und das hohe Interesse im Saal und versucht Verständnis, für die Belastungen der Landwirte zu schaffen: „Das Reindenken in die steigenden bürokratischen Anforderungen und zunehmende Anfeindungen der Landwirtschaft durch die Gesellschaft sind ständige emotionale Belastungen. Dazu kommen die Abhängigkeiten von stark schwankenden Weltmarktpreisen, die der Landwirtschaft sehr zu schaffen machen.“
Im Verlauf des Abends wurden Entwicklungen in der Landwirtschaft, wie der enorme Strukturwandel, der steigende Bürokratieaufwand und die fehlende Planungssicherheit diskutiert. Auf dem Podium waren sie sich dabei einig, dass solche Entwicklungen schon die letzten Jahrzehnte das sogenannte „Fass“ vollmachten, welches jetzt durch die Kürzungen der Agrardieselsubventionen sprichwörtlich zum Überlaufen gebracht wurde.
Hans-Jürgen Müller war es wichtig dabei zu betonen: „Insbesondere die verfehlte Agrarpolitik unter dem Motto „Wachse oder weiche“ unter Landwirtschaftsministerin Klöckner und anderen Landwirtschaftsminister*innen der CSU und CDU hat uns den Strukturwandel beschert. Deshalb ärgert es mich, wenn die Grünen und die Ampelkoalition mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir jetzt teilweise zum Feindbild der Bauernproteste erklärt werden. Das ist zu kurz gedacht.“
Anastasia Kühn war der Meinung, dass agrarpolitische Inhalte nicht in ein paar Parolen zusammengefast werden können: „Leider standen bei nur Agrardiesel und KFZ-Steuer im Vordergrund der meisten Bauernproteste. Wir von der AbL versuchen konstruktive Punkte für eine zukunftsfähige Landwirtschaft einzubringen.“ Es brauche eine Existenzgründungsprämie für Junglandwirte, sowie endlich die Kopplung der Subventionen an Umweltleistungen statt an Flächengrößen. „Denn die Klimakrise steht vor der Tür und wir Landwirt*innen merken sie bereits mit am schmerzhaftesten.“
Auch aus dem Publikum kamen viele konstruktive Kommentare. Beispielsweise wurde die Markthalle im Werra-Meissner-Kreis als wichtigen Schritt für die landwirtschaftliche Direktvermarktung erwähnt. „Anstatt bürokratischer Regeln, braucht es positive Beispiele.“
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