Meine Rede im Landtag zu den aktuellen Bauerndemonstrationen

Tausende Bäuerinnen und Bauern aus ganz Deutschland gehen auf die Straße, um gegen das Agrarpaket der Bundesregierung zu protestieren. Der Unmut richtet sich auch gegen die erhöhten Umweltschutzmaßnahmen und Düngevorschriften.

Nach den Demos erwarte ich aber auch konstruktive Mitarbeit an der Lösung aktueller Probleme? Noch vermisse ich die konkreten Vorschläge der Bewegung „Land schafft Verbindung“. Nur gegen etwas sein reicht nicht.

Dass es Veränderung bedarf, steht außer Frage. Klimawandel und Biodiversitätsverlust sind zentrale gesamtgesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit. Auch Bäuerinnen und Bauern müssen sich bewegen und Veränderungen zulassen.

Doch vor allem liegt es an der Politik, endlich die nötigen Rahmenbedingungen für diesen Wandel zu setzen. Letztlich treibt eine über Jahrzehnte fehlgeleitete Förderpolitik (Weltmarkt, billig und viel) heute Bäuerinnen und Bauern auf die Straße.

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass es dringenden Handlungsbedarf bei der Düngung und Insektenschutz gibt. Durch die längst fälligen, und lange aufgeschobenen politischen Maßnahmen gerät die Landwirtschaft jetzt unter großen Druck.

Jetzt soll alles ganz schnell gehen, weil ein Bußgeld von täglich 840.00€ für Deutschland ansteht. Das haben nicht meine Kolleginnen und Kollegen und auch nicht die Hessische Landesregierung zu verantworten, sondern die Bundesregierung.

Ausdrücklich mit dem Hintergrund meiner 35-jährigen Berufserfahrung als Landwirt sage ich:

Bäuerinnen und Bauern brauchen Planungssicherheit!

Nicht nur die Politik, sondern auch Wirtschaft, Wissenschaft, Ausbildung, Beratung, Fachöffentlichkeit und auch die Gesellschaft senden immer noch widersprüchliche Signale.

Wer kann heute klar sagen, was die Bundesregierung als Leitbild oder Ziel für die praktische Landwirtschaft ausgegeben hat? Wie sieht der Schweinestall aus, den wir mindestens für die nächsten 10-15 Jahre als konsensfähig ansehen?

Die Bundesregierung hat schon 70 Millionen für ein Tierwohllabel ausgegeben und es sind noch nicht einmal Richtlinien dafür fertig.

Der Umbau der Landwirtschaft kann nicht allein von den Betrieben getragen werden. Konkrete Ideen für eine Umstrukturierung der Agrarförderungen sollten jetzt offen diskutiert werden. Was sollten wir ändern? In welchen Zeiträumen wollen wir was erreichen? Welche Förderrichtlinien sollten wir ändern, damit wir die Betriebe auf dem Weg hin zu den vereinbarten Zielen aktiv unterstützen? Auf keine dieser Fragen hat die Bundesregierung bisher eine Antwort.

Der größte Hebel liegt hier bei der GAP-Reform. In Zukunft sollte nicht der einfache Flächenbesitz pauschal subventioniert werden, sondern ökologische und soziale Leistungen, die an der Ladenkasse nicht ausreichend honoriert werden. Die hessische Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass es zu einem Umsteuern bei der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU kommt (siehe Koalitionsvereinbarung). Die Förderung muss so ausgerichtet werden, dass es rentabel wird, Klima, Biodiversität und Boden zu schützen.

Wir brauchen bundesweit einen verlässlichen ordnungsrechtlichen Rahmen mit Übergangszeiten, eine auf Zielgrößen abgestimmte Förderpolitik und eine entsprechende praxisbezogene Ausbildung, Lehre und Forschung.

Wir brauchen eine umfassende Umsteuerung der Agrarpolitik. Die Bereitschaft auf allen Seiten, den politischen Prozess einer zielgerichteten Konsenssuche ernsthaft zu führen, muss da sein. Sie muss auch beim Berufsstand da sein!

In Hessen findet eine Beteiligung des Berufstandes bereits auf sehr hohem Niveau statt. Das wird auch vom Berufsststand anerkannt und das war auch bei der Demo in Wiesbaden spürbar.

Ich interpretiere die Bauerndemos als Zeichen, das die Landwirte bereit sind aktiv mitzuwirken. Vielen Dank dafür!

Noch ein Appell an die Verbraucher: Bitte schätzen Sie die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte mehr Wert. Glauben Sie nicht der Werbung der Discounter das alles immer noch billiger geht. Die Quittung für immer billiger kommt noch!

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